Montag, 8. November 2010

Der kalifornische Autofahrer als solcher

ist von einer für den deutschen Motoristen fast unfaßbaren Höflichkeit erfüllt. Das zeigte sich schon an meinem ersten Tag in Palo Alto, als ich an der Straßenecke stand und mich etwas umsah. Wenige Sekunden später hatte ich bereits drei Autos aufgehalten, weil ich so aussah, als würde ich über die Straße gehen wollen.

Ein paar Tage später habe ich das im heroischen Selbstversuch auf El Camino Real ausprobiert, der sechsspurigen Hauptstraße, die von San Francisco bis San Jose durch's Silicon Valley führt: An einer Kreuzung war keine Ampel und ich bin einfach losgelaufen, in den eher spärlichen abendlichen Verkehr hinein. Und auch wenn ich erst auf der rechten Spur war, hielten die auf der linken schonmal an -- rein vorsichtshalber :)

In Deutschland wäre sowas ein Himmelfahrtskommando. In New York übrigens auch. Das scheint eine kalifornische Spezialität zu sein. Finde ich aber gar nicht so schlecht - als Fußgänger ...

Mit der teutonischen Autofahrermentalität wären allerdings die nervigen Stopstraßen überhaupt nicht realisierbar: hier gibt es das recht-vor-links an gleichrangigen Straßen nicht. Entweder es gibt eine Ampel, oder die Nebenstraße hat ein Stopschild. Die Hauptstraße hat dann aber kein Hauptstraßenschild, das wäre zu einfach (es soll "Hauptstraße"-Schilder geben, ich habe allerdings noch keins gesehen). Da hilft nur, genau hinzuschauen.

An vielen Kreuzungen von Nebenstraßen haben alle vier ankommenden Straßen ein Stopschild und wer zuerst fährt, wird ad hoc ausgemacht. Seltsamerweise funktioniert das auch. Ist nur elend nervig, alle hundert Meter komplett anhalten zu müssen, auch wenn man sehen kann, daß nix kommt. Rechts-vor-links ist eindeutig besser.

Auf Überlandstraßen, die in jeder Richtung nur eine Spur haben, wird so gut wie niemals überholt. Oft ist es eh verboten, was die doppelte gelbe Mittellinie anzeigt.

Auf den Freeways (dt: Autobahn) dagegen wird links und rechts überholt, was bei den nur mäßigen Geschwindigkeiten auch kein Problem darstellt. Was allerdings auffällt -- wenigstens auf den Freeways der Bay Area (andere hab' ich noch nicht gesehen) -- sind die eher schmalen Fahrspuren. Mit nem fetten Pickup ist links und rechts nur ca. ein halber Meter platz.

Ebenfalls ungewohnt sind die angezeigten Höchstgeschwindigkeiten. Das bekannte Schild hat schwarze Schrift auf weißem Grund und fällt somit weniger auf als das (obendrein gewohnte) rot umrandete aus Europa. Aber das ist eher Gewöhnungsache und die eigene Mustererkennung stellt sich schnell um.

Man fährt ja eh nicht so heftig, was bei der schnarchigen Wandlerautomatik der in USA verkauften Autos auch keinen Spaß macht. Das ist auch das einzig Gute dran: man kommt erst gar nicht auf die Idee, sportlich zu fahren ...

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